Über das Ebrietas in Zürich
Neue Zuercher Zeitung
NACHTFALTER Metallurgie
Musikbar Ebrietas in Zürich 1 Urs Bühler ·
Die novemberliche Düsternis weckt im Falter eine alte Passion.
Sie gilt hartem Metall, rein musikalisch gesehen. Und so landet er vor einem unscheinbaren Lokal. Dieses zieht seit einem Jahr mitten in Zürich, wo vorher der Klub Superzero eingemietet war, viele Anhänger des gepflegten und auch des ungepflegten Heavy Metal an. Nicht nur der Musikstil bietet eine erfreuliche Abwechslung im etwas einförmig gewordenen Nachtleben der Innenstadt. An der Bar wird der Gast von zwei jungen Leuten bedient, die zu den sympathischsten gehören, die ihm in letzter Zeit hinter Zürcher Theken begegnet sind. Sie stellen sich als das Pächterpaar heraus: Ninel Grischenko und Philipp Kessler kündigten ihre Jobs als Barkeeperin und Küchenchef, um den Traum vom eigenen Lokal zu leben. Anfangs kochte er hier ganze Menus, samt hausgemachter Pasta. Dann wurde das doch etwas aufwendig, und nun beschränkt man sich auf Piadine und Pizze. Benannt ist der Ort in einer Sprache, die in bestimmten Metal-Kreisen fast Kultstatus geniesst: «Ebrietas» ist Lateinisch und heisst so viel wie «Rausch».
Der Falter bestellt einen der diversen Shots, die Grischenko selbst kreiert hat. «B-Jay-Ozzy» (Fr. 7.-) heisst diese Version, was nichts mit Osbourne zu tun haben soll. Sambuca, Vodka, ein Schuss Tabasco, der im klaren Nass schwebt wie eine Qualle im Meer: Natürlich müsste man das in einem Zug kippen, doch der Falter nippt vorerst nur, ehe er feststellt, dass die Mixtur schmeckt - und weckt. Der beige Schädel eines Wasserbüffels ziert eine der Wände, die sonst Schwärze dominiert.
Das Publikum ist keineswegs gleichgeschaltet, kreuzbrav zurechtgemachte Studentinnen mischen sich unter freakiger gekleidetes Volk. Die Stimmung ist sehr entspannt. Es läuft gerade Grunge, Nirvanas legendäres «Smells like Teen Spirit» in moderater Lautstärke. Das hier oben sei eher fürs breitere Publikum, sagt Kessler. «Die es hart und böse wollen, sollen runter.» Runter in den Stollen also, wo samstags laut Homepage «die Hautfetzen fliegen». Keine Bange, liebe «Pulp Fiction»-Fans: Das ist keine Sadomaso-Falle. Es läuft einfach Black oder Death Metal. Und mittwochs spielen Bands, meist aus der Umgebung, die den archaischen, vor nachbarschaftlichen Klagen gut geschützten kleinen Konzertkeller fast kostenlos nutzen können. An diesem Abend heizt Untertage bei freiem Eintritt eine Zürcher Band ein, die ihre erklärte Richtung, «psychedelischen Punkrock», zumindest in einer ersten Phase, recht gesittet interpretiert. Es fliegen allerhöchstens die Gesprächsfetzen. Aber die Nacht ist noch lang. Ebrietas, Zähringerstrasse, 8001 Zürich.
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